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Markt Update: Zölle, Risiken und meine nächsten Schritte

Wie ich die neue Risikolage bewerte und welche Überlegungen meine nächsten Portfolio-Entscheidungen prägen.

Apr. 12, 2025
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Moin!

Wenn du dieses Update endlich liest, scheint die Zeit gekommen zu sein, dass sich der Markt wieder etwas beruhigt hat. Schon seit einigen Tagen liegt dieses Markt-Update von mir bereit zur Veröffentlichung, doch die sich teilweise stündlich verändernde Sachlage hat dazu geführt, dass ich nichts publizieren konnte, was möglicherweise am nächsten Tag schon überholt ist.

In diesem Blog bespreche ich grundsätzlich keine Börsen-News, sondern wir spüren strategisch sinnvolle Investments für einen langfristigen Zeithorizont auf. Erhebliche Kursbewegungen werden aber natürlich beleuchtet, weshalb ich mich gezwungen sehe, ein umfassenderes Update zu geben.

Ich hoffe, dass wir ohne spektakuläre Wendungen ins Wochenende kommen und ich somit alle Leser an meinen Entscheidungsprozessen teilhaben lassen kann. Ich sage bewusst „alle Leser", da der Blick auf die aktuelle Marktlage sowohl für kostenlose als auch für zahlende Abonnenten zugänglich sein wird.

Natürlich gehört zu einem größeren Update auch dazu, dass wir signifikante Kursbewegungen im KeineAnlageberatung-Depot beleuchten, weshalb die ein oder andere Aktie im Detail besprochen wird. Dies wird allerdings wie gewöhnlich hinter der Paywall stattfinden.

In solchen Situationen ist es optimal, wenn man eine überschaubare Anzahl von Unternehmen gründlich kennt und mit einem kühlen Kopf von irrationalen Kursbewegungen profitieren kann.


Verhalten in schwierigen Zeiten

Wenn du von mir eine ausführliche Analyse mit einer Handvoll potenzieller Hypothesen für die zukünftige Entwicklung erwartest, muss ich dich leider enttäuschen. Die nötigsten Informationen wurden mir ungewollt von Freunden und Familie zugetragen, und den ein oder anderen klugen Blog-Post habe ich gelesen. Das war's.

Wer glaubt, durch stundenlanges lesen von News, Twitter-Aktivität und ständiges Starren auf die Tages-Portfolioperformance einen Wissensvorsprung zu erlangen, den muss ich enttäuschen. Professionelle Trader, mehrheitlich Algo-Trader, verarbeiten Neuigkeiten weitaus schneller. Egal wie durchdacht die These über zukünftige Entwicklungen sein mag, die Treffsicherheit aller ökonomischen Vorhersagen gleicht historisch gesehen einem Münzwurf.

Panikverkäufe sind keine Option, weshalb uns nur noch potenzielle (Nach‑)Käufe bleiben.

Doch auch das gestaltet sich als Herausforderung. Normalerweise nehme ich mir viele Wochen Zeit, um Kauf- und Verkaufsentscheidungen sorgfältig abzuwägen. Es ist eine enorme Herausforderung, innerhalb weniger Stunden rationale Entscheidungen bei Aktien zu treffen, die 10-20% (oder mehr) gefallen sind.

Wer sich einmal in diese Kammer des Schreckens begibt, kommt nur schwer wieder heraus. Denn selbst nach einer richtigen Entscheidung unter emotionalem Stress fällt es extrem schwer, weiterhin gute Entscheidungen zu treffen. Dass dies die höchste Kunst ist, zeigt sich sogar bei einem so abgeklärten Investor wie Bill Ackman.

So war sein damaliger Einstieg nach dem herben Kursrücksetzer bei Netflix grundsätzlich eine richtige Entscheidung. Doch der schnelle Entscheidungsprozess führte dazu, dass er und sein Team das Unternehmen nach weiteren Kursverlusten überhastet verkauften (tiefe Überzeugung war noch nicht vorhanden). Knapp eine halbe Milliarde an Kapital wurde vernichtet, was mal passieren kann, doch der über 450% Kursanstieg, der seither folgte, verursacht wahrscheinlich heute noch Bauchschmerzen bei ihm.

Wir haben das Gefühl, Kontrolle zurückerlangen zu wollen, indem wir aktiv Entscheidungen treffen, doch führt das häufig zu Fehlern. Trotzdem gibt es einige Dinge, die in solchen Marktphasen sinnvoll sind:

  1. Risikotoleranz überprüfen – Wer mich länger verfolgt, wird mich als Hardliner in puncto konzentriertes Investieren in Erinnerung haben. Es gibt viele Gründe, warum weniger Unternehmen im Depot sinnvoll sein können, doch kommt man auch mit der erhöhten Volatilität zurecht? Genau jetzt ist der Zeitpunkt, wo man sich selbst besser kennenlernen kann.

  2. Investmentthesen hinterfragen – Für jede Position im Portfolio sollte man prüfen, ob die ursprüngliche Investmentthese noch intakt ist oder durch aktuelle Entwicklungen in Frage gestellt wird. Marktabschwünge testen die eigene (erarbeitete) Überzeugung hinter den Investments.

  3. Watchlist im Blick behalten – Nicht jeder führt eine tatsächliche Watchlist. Vielmehr ist es aus meiner Sicht ein mentales Konzept. Es sind Unternehmen, die man schon länger im Blick hat, häufiger angeschaut und viel dazu gelesen hat. Unternehmen nicht außer Acht lassen, bei denen man sich schon Wissen aufgebaut hat.

Diese Aktien sollte man kaufen!

Es wird immer eine Aktie geben, die mehr profitiert. Ein Unternehmen, das einen größeren Turnaround hinlegt. Analysten, die einem erzählen wollen, bei welchen Profiteuren man jetzt ganz schnell zuschlagen sollte! Am Ende des Tages ist das alles egal. Das Spiel des Investierens ist kein Wettkampf. Die Wahrscheinlichkeit, dass man sich jetzt in kürzester Zeit mit einer Gruppe komplett neuer Unternehmen beschäftigt und eine gute Entscheidung dabei trifft, ist gering.

Eine Sache hat historisch für Anleger in den meisten Fällen funktioniert.

Die Unternehmen im Portfolio, bei denen die Investmentthese nach wie vor intakt ist, die Überzeugung ungebrochen ist und die Rücksetzer erlebt haben (wenn auch geringer als bei anderen Aktien am Markt), sollten nachgekauft werden. Es sind die Unternehmen, die wir ohnehin kennen, auch wenn es sich häufig weniger spektakulär anfühlt und man das Gefühl hat, andere Chancen am Markt zu verpassen.

Wirtschaftliche Einordnung der jüngsten Ereignisse

Auch wenn ich zur Verwunderung vieler keinen großen Mehrwert darin sehe, mich mit den aktuellen politischen Themen im Detail zu beschäftigen, möchte ich es trotzdem hier tun, weil es vielen Sicherheit gibt, zu verstehen, was derzeit passiert.

Man darf sich nicht in den Überschriften verlieren, sondern muss das größere Bild im Blick behalten. Ohne zu viel in Trumps Worte und Aktionen hineinzuinterpretieren, werden zwei große Themen mithilfe von Zöllen angegangen:

  1. Nontariff-Cheating

  2. US-Handelsdefizit


Nontariff-Cheating

Viele Anzeichen deuten stark darauf hin, dass die Zölle als Druckmittel dienen, um das übergeordnete Thema des „nontariff cheating" anzugehen. Dieser Begriff bezeichnet unfaire Handelspraktiken, die keinen offiziellen Zollbetrug darstellen, sondern indirekte oder versteckte Formen des Wettbewerbsbetrugs sind.

Beispiele:

  • IP-Diebstahl: Wenn Unternehmen geistiges Eigentum wie Technologien, Design oder Markenrechte illegal kopieren oder stehlen

  • Transshipment: Wenn z. B. chinesische Waren über Drittländer wie Mexiko geschickt werden, um Zölle zu umgehen, also eine Umetikettierung, damit sie scheinbar aus einem „zollfreundlichen" Land kommen

  • Mehrwertsteuer-Ungleichgewichte: Einige Länder erheben hohe Mehrwertsteuern auf importierte US‑Waren, aber subventionieren eigene Exporte, was zu einem unfairen Handelsvorteil führt

Bestärkt wird diese Annahme von einem aufschlussreichen Zitat des aktuellen Handelsberaters von Donald Trump, Peter Navarro, aus dem Jahr 2018, der kürzlich von Elon Musk als „dümmer als ein Sack Backsteine" bezeichnet wurde und in seinem eigenen Buch einen fiktiven Wissenschaftler erfand (Ron Vara), um seine persönlichen Meinungen zu bestätigen. Na super.

„This is not about tariffs per se. It's about stopping cheating: IP theft, forced tech transfer, currency manipulation, and transshipment." – Navarro (2018)

Zölle gegen China wurden explizit mit IP-Diebstahl, Lizenzverweigerung für ausländische Firmen, wettbewerbsverzerrenden Subventionen und Transshipment begründet (alles nicht-tarifäre Praktiken).

Auf der anderen Seite wurde beispielsweise Mexiko von harten Zöllen verschont, weil es sich bereit erklärte, gegen Transshipment und steuerliche Umgehung durch chinesische Firmen aktiv vorzugehen (durch Hafenrazzien, Steuerprüfungen etc.).

Das ist ein Problem, das die USA nicht alleine lösen können, sondern mit anderen Ländern zusammenarbeiten müssen. Diese stehen dann vor der Frage, ob sie sich lieber auf eine Seite mit China schlagen oder mit den USA kooperieren. Eine echte Lösung des Problems, wenn das überhaupt gewünscht ist, wird es in der näheren Zukunft kaum geben. Zudem verstärkt das Problem, dass die meisten günstigen Produktionsländer schon heute mehr nach China exportieren als in die USA, weshalb zunehmender Druck, enger mit den USA zusammenzuarbeiten, auch dazu führen kann, dass sie sich noch stärker China zuwenden.

Irgendwo hat Donald Trump mit diesen Forderungen Recht, aber ob es das große Risiko, das er hier eingeht, tatsächlich wert ist, steht auf einem anderen Blatt. Eventuell zählt es auch nur zu seinen Verhandlungs-Taktiken und nontariff cheating ist ein vorgeschobener Grund für diese Maßnahmen.

Handelsdefizit

Ein weiterer Grund für die Zölle liegt in dem Versuch, das stetig wachsende Handelsdefizit auszugleichen. Dieses Defizit hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich vergrößert und stellt für die USA eine zunehmende wirtschaftliche Herausforderung dar. Da die USA deutlich mehr Waren importieren als exportieren, entsteht ein strukturelles Ungleichgewicht in der Handelsbilanz. Die Zölle sollen nun als Instrument dienen, dieses Defizit zu verringern und die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Unternehmen zu stärken.

Auch Warren Buffett hat sich schon im Jahr 2002 dafür ausgesprochen, das Handelsdefizit anzugehen. Allerdings ist überhaupt nicht gesichert, dass es langfristig wirklich zu einem Problem für die USA wird. Es fließt unfassbar viel Kapital in die USA, was sich zwar negativ auf die Handelsbilanz auswirkt, aber gleichzeitig die eigene Wirtschaft befeuert. Die USA sind eine der sich am besten entwickelnden Volkswirtschaften weltweit, eben weil sie die Grundpfeiler einer erfolgreichen Wirtschaft bereitstellt: ein sicheres Rechtssystem, eine freie Marktwirtschaft und wenig Regulierung. Genau diese Grundpfeiler zu riskieren, um ein Ziel zu erreichen, bei dem sich Experten uneinig sind, ob es überhaupt den gewünschten Effekt hat, nun gut.

Anti-China-Maßnahmen: Hoch riskant

Die Abkopplung von China ist ein Vorgang, der äußerst ernst genommen werden muss. Der 90-tägige Zollstopp gibt den USA Zeit, weitere Länder auf ihre Seite zu ziehen, auch wenn solche Verhandlungen typischerweise Jahre in Anspruch nehmen. Seit Inkrafttreten des 90-tägigen Zollstopps gelten 10 % Zölle auf Importe aus nahezu allen Ländern und über 100 % auf China, mit Ausnahme von Mexiko und Kanada. Im Schnitt ergibt sich daraus trotzdem ein effektiver Zollsatz von rund 20 % auf US-Importe, was mittelfristig schwere Folgen hätte, wenn auch besser als das Worst-Case Szenario.

Eine Entkopplung von China würde nicht nur Taiwans Position erheblich gefährden, sondern sie stellt auch eine massive Herausforderung für die amerikanische Wirtschaft dar. Der aktuelle Kursrutsch des S&P 500 von 10% erscheint angesichts dieser Tragweite erstaunlich moderat, auch wenn ich daraus keine direkten Anlageentscheidungen ableiten möchte.

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Man muss sich nicht weit aus dem Fenster lehnen, um zu sehen, dass viele US-Unternehmen zukünftig geringere Margen haben werden, Verbraucher höhere Preise zahlen müssen und dementsprechend die Nachfrage auch bei Unternehmen zurückgehen wird, die nicht direkt von den aktuellen Entwicklungen betroffen sind. Im Hinblick auf eine Abkopplung Chinas ist ein 10%-Rutsch im S&P 500 sicherlich kein Grund, alle Cash-Reserven zu mobilisieren, um wieder in die großen Unternehmen zu investieren, die maßgeblich von gesamtwirtschaftlichen Schwankungen abhängig sind.

Ich sehe allerdings schon die Möglichkeit, bei kleineren Unternehmen zuzuschlagen, an denen die jüngsten Entwicklungen tatsächlich vorbeigehen könnten und die man jetzt zu günstigeren Preisen bekommen kann. Deswegen besprechen wir jetzt die wichtigsten Bewegungen bei den Aktien im KeineAnlageberatungs-Depot.

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